Der in Berlin lebende, iranische
Künstler Shahram Entekhabi präsentiert in der Zeit vom 20. März
bis 10. April 2004 das Ausstellungsprojekt "i?" in der Galerie
PLAY. Die Videoarbeit "Happy Meal" zeigt ein mit einem Tschador
verhülltes, kleines Mädchen, das mit Wonne in einem McDonalds-Restaurant
ein speziell für Kinder kreiertes Menue, ein sog. "Happy Meal" isst.
Die Arbeit ist mit poppigen, islamischen Kindergesängen unterlegt,
die dem Lob Allahs dienen. Die Arbeit konfrontiert nicht nur zwei gegensätzliche
Konzeptionen von Kindheit, die westliche mit ihrem konsumeristischen Pragmatismus
und die östliche mit ihrem auf das Jenseits gerichteten Heilsversprechen,
sondern sie deutet auch die Dimension einer "dritten Kultur" an:
Das Verhalten des kleinen Mädchens spricht von einer Symbiose dieser
beiden Konzeptionen, so dass eine ganz neue Kultur entstehen kann. |
Auch das aktuelle Video "i?" berührt einen verwandten Themenkomplex:
in den Episoden wird ein Tag aus dem Leben des Protagonisten O erzählt,
gespielt von Shahram Entekhabi. Das Video ist in Anlehnung an den Film “Film" von
Samuel Beckett mit Buster Keaton in der Hauptrolle entstanden, den bereits
Gilles Deleuze um Beleg seiner Unterteilung des Bewegungs-Bildes in Aktionsbild,
Wahrnehmungsbild und Affektbild heranzieht. Wie sein Vorgänger “Film" behandelt “i?" den
Komplex von Blicken und Erblickt-Werden, von Beobachtung und Wahrnehmung,
in Reflexion auf das berühmte Diktum des irischen Bischofs Berkeley: “Esse
est percipi" (Sein ist Wahrgenommen-werden). In Entekhabis Interpretation
des Themas jedoch wird der Komplex um Selbst- und Fremdwahrnehmung erweitert
durch eine migrantische Perspektive und die Frage nach Identität zwischen
zwei Kulturen. Somit wechseln im Film die Perspektiven des Protagonisten
und der Ka-mera beständig ab, bis auf die Schlussszene wird jedoch
das Gesicht des O (und seines später auftauchenden “Zwillings")
niemals gezeigt. In einem geschlossenen Kreislauf beginnt und endet der
Film in der Wohnung des Protagonisten, wobei die Handlung jeweils um
das Spiegelbild des O kreist.
Der 12-minütige Videofilm „Herr Karl aus Nemsa“ wird als
eine Gemeinschaftsarbeit Shahram En-tekhabis mit Helmut Kandl präsentiert.
Historische Archivaufnahmen vom Beginn des
20. Jahrhunderts aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum zeigen
Bilder aus dem islami-schen Kulturraum. Diese Bildfolgen, unterlegt mit
Zitaten des Schriftstellers Karl May, simulieren dessen fiktive Reisen
seiner Romane. Die Tonebene wird von Gebeten und religiösen Gesängen
gebildet. Auch hier wird nach Differenzierung der einzelnen Nationalitäten
und nach Vorurteilen geforscht.
Abschliessend wird das Ergebnis eines fünftägigen Workshops,
den Shahram Entekhabi in Zu-sammenarbeit mit "Next- Interkulturelle
Projekte" mit neun Jugendlichen realisierte, gezeigt. Es entstanden
drei Filme, die sich auf die Arbeit „i?“ von Shahram Entekhabi
beziehen und Fragen nach Identität, Selbstbild, Beobachtung und
dem Beobachtet-Werden behandeln.
Die Ausstellung findet parallel zu dem Projekt "Entfernte Nähe.
Neue Positionen Iranischer Künstler" im Haus der Kulturen der
Welt (20.03.-02.05.2004) statt, an der Shahram Entekhabi mit der Installation "Kilid" beteiligt
ist.
Thanks to Helmut Kandl; Next. Interkulturelle Projekte;
Hermann-Köhl-Oberschule,
Berlin-Tempelhof; Haus der Kulturen der
Welt, Niederöstereichisches Landesmuseum
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